Autofahren in Bali

Motorräder so weit das Auge reicht

Motorräder so weit das Auge reicht

In Indonesien ist, wie im gesamten Ostasiatischen Raum, die Industrialisierung und Entwicklung des Individualverkehrs in einem Ausmaß gestiegen, dem die Straßen und die dort geltenden Regeln in keiner Weise mehr entsprechen. Waren früher Sammeltaxis und Kleinlastwagen mit den Passagieren auf der Ladefläche die Norm, kann sich heute fast jeder ein Moped, einen Roller oder ein leichtes Motorrad leisten und nützt dieses auch immer und überall.

alle drängeln

alle drängeln

Bei Spritpreisen um die 50 Eurocent kein Wunder. Jeder Weg wird mit dem Moped erledigt, auch am Strand, in verwinkelten Innenhöfen und zum Reisfeld – auch die Geschäftsanbahnung mit Touristen (Taxi? Ticket für Fähre? Oder vielleicht eine Tagestour?) erfolgt gleich vom Moped weg – nur keine Zeit verlieren. Wir wurden sogar vom Kassenschalter zum Tempeleingang mit dem Moped geführt – unser Guide fuhr lieber 2x mit dem Moped, als 1 km zu Fuß zu gehen.

da will jemand überholen

da will jemand überholen

Die Straßen sind diesem Ansturm aber in keine Weise gewachsen – auf der nur 5.600 km2 kleinen Insel Bali leben mehr als 4 Mio Menschen – und unglaublich schmalen Straßen werden daher so gut als möglich „ausgenützt“ – soll heißen, kein Quadratmeter bleibt frei, jeder noch so kleine Raum wird zumindest von einem Moped ausgefüllt, oft aber auch von einem immer näher kommenden LKW- oder Bus-Kotflügel.

... geschafft

… geschafft

Nach 2 Wochen Bali haben sich folgende 10 „Verkehrsregel“ als üblich herauskristallisiert – nicht unbedingt zur Nachahmung empfohlen:

1.
Das stärkere, größere, schwerere Fahrzeug hat Vorrang. Der Fahrer wird versuchen, diesen mit drängeln, hupen und Blinksignalen entsprechend durchzusetzen. Linienbusse sind in dieser Hinsicht besonders unangenehm, weil die Fahrer erwarten, dass sich das in der langsamen Kolonne vor ihm dahin zuckelnde Fahrzeug tunlichst auflöst.

2.
Rote Ampeln sind ein lästiges Hindernis, besonders wenn die Schaltung durch zwei Polizisten überwacht wird. Die „Schnellbusse“ – siehe oben – müssen meist kurz stoppen, um denn bei rot doch weiter zu fahren. Ohne Polizeiüberwachung kann der Stopp aber entfallen.

3.
Alle möglichen Verkehrszeichen wie Überholverbot, Einfahrt verboten, Sperrlinien, Abbiegeverbote oder Geschwindigkeitsbeschränkungen (sollte es solche geben) werden grundsätzlich von den Verkehrsteilnehmern ignoriert.

4.
Wer nicht selbst überholt – der wird überholt. Jeder freie Raum wird so rasch als möglich ausgefüllt, überholt kann links, rechts und zwischen den Fahrzeugen werden. Keine zweispurige Straße ist so eng, dass nicht zumindest ein Motorrad links überholend, ein Auto, ein überholendes Auto und ein entgegenkommendes Motorrad Platz hätten.

5.
Daraus ergibt sich die Regel für die meist sehr kurzen vierspurigen Straßenstrecken: Autos halten sich immer rechts und überlassen „freiwillig“ den Mopeds den ersten Fahrstreifen. Die Chance von diesen trotzdem rechts überholt zu werden ist dann weit geringer. Es ist einfach unangenehm ständig auf beiden Seiten überholt zu werden.

6.
Auf der linken Straßenseite entgegenkommende Motorräder (es ist Linksverkehr in Bali!) sind kein Grund zu Beunruhigung – auch nicht auf der einzigen vierspurigen Autobahn (A1). Entweder will der Fahrer sowieso bald, in den nächsten Kilometern, rechts abbiegen – oder will er eigentlich auf die Gegenfahrbahn und wartet auf eine Gelegenheit unsere Fahrspur unbeschadet zu queren.

7.
Die Beladung von Zweirädern sollte in den meisten Fällen nicht höher und breiter sein, als jene von Klein-LKWs. Daraus resultierende Schwankungen bzw. Abweichungen von der geraden Spur sind daher verständlich und bei Überholvorgängen entsprechend zu berücksichtigen.

8.
Die nur auf dem erwähnten „A1-Highway“ vorhandenen Links- und Rechtsabbiegespuren bei Kreuzungen (!), geben nachkommenden LKW oder Bussen blendende Überholmöglichkeiten, wenn sie glauben entsprechend schneller beschleunigen zu können, als die in den Geradeausspuren stehenden Fahrzeuge (z.B. Tankwagen).

9.
Die diversen Hup- und Blinksignale der Überholenden sowie jener, die nicht überholt werden wollen, z.B. Wechsel zwischen rechtem, linkem Blinker und Warnblinkanlage, sind individuell zu interpretieren, und uns meist ein Rätsel geblieben.

10.
Fußgänger sind bekanntlich die schwächsten Verkehrsteilnehmer – für diese gilt: Hand hoch und gehen – und hoffen und beten, dass man im Verkehrsgewühl nicht übersehen wird. Zebrastreifen sind vorhanden aber völlig wirkungslos.

Moped überholt LKW

Moped überholt LKW

Fazit unserer 7-tägigen Autotour in Bali, nur 2 davon mit Fahrer: es ist uns zwar unverständlich – aber irgendwie geht es sich dann doch aus. Wir haben keinen einzigen Unfall auf der Straße gesehen – „nur“ ein LKW lag im Wald abseits der Straße. In Anbetracht des Verkehrsaufkommens, aber auch der Beladung der 2-4 rädrigen Gefährte, wirklich überraschend.

Reifenpanne

Reifenpanne

P.S.: Der Stau auf Balis Verkehrsflächen machte auch am Flughafen nicht halt. Erst steckte unser Transferbus von der Abfertigungshalle zum Flugzeug im Stau einer Baustelle, dann hatte unser Flieger in einer Warteschlange auf die Freigabe der einzigen Rollbahn zu warten. Der Abflug erfolgte mit 75 min Verspätung.

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