Aufgegeben

Wie ein Lauffeuer verbreitet sich eines Tages die Nachricht am Funk, dass einer von „uns“ in der letzten Nacht auf ein Riff aufgelaufen sei. Die amerikanische Yacht RiRi, mit Frank und Gale an Bord, gibt, so wie wir, schon seit Monaten in der Funkrunde täglich ihre Position bekannt – wir kennen die beiden auch persönlich von einem Strandfest in Papeete. Details der Strandung sind vorerst nicht zu erfahren, aber die beiden seien jedenfalls wohlauf, die äußeren Umstände und der Zustand ihres Schiffes unbekannt.

Aufgelaufen

Aufgelaufen

Passiert ist das Unglück in Palmerston, einem zu den Cooks zählenden Atoll, auf dem nur 64 Menschen leben.
Immer wieder hören wir am Funk von der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Einheimischen, von deren Bemühen mit sehr spärlichen Ressourcen den Yachties jede nur erdenkliche Hilfeleistung zu geben. Allerdings wird auch immer wieder gewarnt, den Bojen nicht zu vertrauen, die auf der W-Seite der Insel für Yachten ausgelegt wurden, unmittelbar vor dem einzigen Pass, der in die Lagune führt.

wie ein waidwundes Tier

wie ein waidwundes Tier

Dieser Pass ist allerdings keine 10 m breit, nur 60 cm tief und auf Grund der starken Strömung nicht einmal mit gut motorisierten Beibooten befahrbar. Die „freundlichen Locals“ holen die wenigen Besucher mit ihren offenen Alubooten mit 2-Takt-Außenbordern ab und bringen sie wieder zurück auf ihre Yachten, wenn sie das wollen.

Wir waren zur Zeit des Unglücks unterwegs in Richtung Palmerston und daher an allen Informationen sehr interessiert. Allerdings wollte oder konnte niemand am Funk die Ursachen für die angebliche Strandung mitteilen.

keine Bergung mehr möglich

keine Bergung mehr möglich

Als sich einige Tage später Frank selbst am Funk meldet, denken wir an eine makabre „Ente“, ein Missverständnis, das bei der oft schlechten Übertragungsqualität schon einmal entstehen kann. Leider war dem nicht so – Frank berichtet, dass er alles Brauchbare aus seiner Yacht geborgen und an Land geschafft hat, so auch sein Funkgerät, von dem er jetzt spricht. Seine Yacht RiRi musste er aufgeben und hofft nun auf eine befreundete Yacht, die ihn und Gale von Palmerston weg bringen kann. Flughafen gibt es auf Palmerston keinen und das Versorgungsschiff kommt sehr unregelmäßig, 2 Mal pro Jahr.

so fanden wir sie

so fanden wir sie

Erst nach unserem Eintreffen in Palmerston erfahren wir die äußeren Umstände, wie es zu der Strandung gekommen ist – die „Locals“ sprechen – im Gegensatz zu den Yachten am Funk – ganz offen von „Franks Verschulden“: Frank habe in der Nacht nicht bemerkt, dass der Wind von O auf N gedreht und zugelegt hat, dass die Muringleine der Boje gebrochen und sein Schiff in Richtung Riff getrieben ist. Er wurde erst munter, als RiRi vom Schwell auf das Riff gedrückt worden ist – ein wahrer Albtraum.

die Muringleine

die Muringleine

Den Motor zu starten war dann bereits sinnlos, das Riff hatte längst sein Ruder zerbrochen und begonnen den GFK-Rumpf in Einzelteile zu zerlegen. Vermutlich war es Glück, dass eine besonders hohe Welle bei Hochwasser RiRi auf das Riff gehoben und damit einerseits eine weitere Zerlegung verhindert hat und Frank die Möglichkeit gab, bei Niedrigwasser (fast) trockenen Fußes auszusteigen und an Land zu gehen. Gale, seine „Angestellte“ (paid Crew wie er sagte), blieb dieses Schicksal erspart, sie hat diese Nacht an Land verbracht und war nicht an Bord.

der Schiffsmotor

der Schiffsmotor

Frank lebte seit 10 Jahren auf seiner RiRi, hat sein zu Hause längst aufgegeben und weiß nicht, was er weiter machen wird. Die Locals sind ihm sehr „behilflich“, alle verwertbaren Gegenstände an Land zu bringen, nicht ohne immer wieder zu fragen, ob er dieses und jenes noch benötige. Man zimmerte für ihn eine große Kiste, worin er die wertvollsten Teile seiner Ausrüstung stauen und bei nächster Gelegenheit, also Monate später, mit dem Versorgungsschiff kostenpflichtig in die Hauptstadt Rarotonga und von dort als internationale Fracht an einen noch zu bestimmenden Ort bringen lassen kann.

kümmerliche Reste

kümmerliche Reste

Gezwungenermaßen musste er den weitaus größten Teil der Ausrüstung in Palmerston zurück lassen – nicht unbedingt zum Schaden der Inselbewohner, die alles und jedes gebrauchen können und nicht zuletzt deshalb den Kontakt zu den Yachten suchen. So wie auch wir bringen viele Yachten Güter des täglichen Bedarfs nach Palmerston und lassen gerne ihre nicht mehr benötigten Dinge und Verpflegung dort.

der Mast von RiRi

der Mast von RiRi

Die Weiterfahrt von Frank und Gale klappte recht bald, als wir 2 Wochen später auf die Insel kamen, waren die beiden schon unterwegs in Richtung Tonga. Das verlassene Wrack wurde (in Teilen) von den Einheimischen mit einem Bagger an Land zur weiteren Verwertung gebracht, und an vielen ihrer Boote finden sich nun Klampen, Beschläge, Leinen von RiRi, in einigen Häusern deren Einbauschränke und Holzteile.

ausgeräumt

ausgeräumt

Leider können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass den „freundlichen Einheimischen“ der Bruch der Muringleine gar nicht so unangenehm war. Dies umso mehr, da zur selben Zeit, als wir dort waren, beim 55‘ Katamaran OFF COURSE nochmals eine Muringleine gebrochen ist. Vater Reynold mit seinem Sohn und dessen Freund haben, wie auch wir, den ganzen Tag an Land verbracht. Kaum eine Stunde nachdem sie wieder an Bord waren, ist bei 25 kn Wind die Leine gebrochen und sie trieben in der Finsternis ins offen Meer hinaus. Keine unmittelbare Gefahr also, aber doch fehlte uns danach das Gefühl auf einem sicheren Ankerplatzes zu sein – alle drei zu dieser Zeit an Bojen hängenden Yachten verließen Palmerston am nächsten Morgen.

alles wird verwertet

alles wird verwertet

Wir wollen niemand vom Besuch Palmerstons abraten, ganz im Gegenteil, es ist wirklich interessant zu erfahren, wie das Leben auf einer „einsamen Insel“ ohne Flughafen funktionieren kann. Aber bitte nur bei O-Wind, mit eigenen Leinen die Muring sichern und in der Nacht einen Ankeralarm nicht vergessen – so wie wir das auch gemacht haben.

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