Vava`u Gruppe I

18.09. – 02.10.2011

Noch vor unserer Ankunft bekommen wir einen denkbar schlechten Eindruck von den „Kronjuwelen Tongas“. Da Tonga die Datumsgrenze willkürlich nach Osten verschoben hat, wird uns der Sonntag gestohlen, obwohl uns noch ganze 6° auf den 180. Längengrad fehlen. „Ausgerechnet Sonntag“ – stöhnt mein Kapitän, „der einzige Tag in der Woche an dem es Ei zum Frühstück gibt“. Diese Tradition hat sich bei uns eingebürgert – damit wir wissen, wann eine Woche endet und die nächste beginnt.

Tonga in Sicht

Tonga in Sicht

Den ganzen Tag halten wir Ausschau, um einen der vielen Wale zu sehen, die hier ihre Jungen zur Welt bringen und ab Mitte Oktober dann wieder weiterziehen. Und wirklich, vor der ersten Insel tauchen zwei massige Körper aus dem Wasser und verschwinden wieder. Fotos gibt es davon keine – wir haben gelernt, dass nichts Tiere so schnell vertreibt wie ein sich im Anschlag befindlicher Fotoapparat. Deshalb beobachten wir sie lieber.

Heinz wartet auf uns

Heinz wartet auf uns

Wegen des geringen Windes nehmen wir für den letzen Teil den Motor zur Hilfe. Wir wollen Heinz, der uns in der Hauptstadt Neiafu erwartet, nicht länger warten lassen.
Dieses Treffen mit Heinz – einem guter Freund aus Österreich – ist für uns überraschend. Er hat mit seiner Solace den letzten Winter/Sommer in Neuseeland verbracht und auf seinem Weg nach Norden nochmals in Tonga gehalten, um Freunde zu besuchen und uns zu sehen. Seine weitere geplante Route soll ihn über Samoa und Kiribati zu den Aleuten und nach Alaska führen.

zwei Österreicher

zwei Österreicher

Da wir Heinz schon seit mehr als zwei Jahren nicht gesehen haben, fällt die Begrüßung entsprechend herzlich aus, natürlich haben wir uns eine Menge zu erzählen, viele Erfahrungen auszutauschen und so wird es ein langer Abend. Für die Verpflegung hat Heinz gesorgt. Er hat von seinen einheimischen Freunden Spezialitäten aus dem UMU (Erdofen) für uns bekommen und so lernen wir gleich nach unserer Ankunft die traditionelle Tonganische Küche kennen. Es schmeckt hervorragend.

Tonganische Tracht

Tonganische Tracht

Am nächsten Morgen müssen wir unseren Ankerplatz nochmal verlassen, um die Einklarierungsformalitäten am Zollsteg zu erledigen. Da wir uns ein neuerliches Ankern ersparen wollen, hinterlassen wir einen großen weißen Fender auf unserer Ankerkette, die wir so ganz leicht wieder „fischen“ können.

freundliche Begrüßung

freundliche Begrüßung

Außer uns wollen noch einige andere einklarieren und so warten wir fast eine Stunde auf die zuständigen Beamten. Das Gute daran ist, dass diese dann ganz offensichtlich keine Lust mehr haben und wir sehr schnell abgefertigt werden. Der Beamte der Gesundheitsbehörde kommt gar nicht mehr an Bord, sondern ersucht Edi ganz höflich die notwendige Gebühr an seinem Arbeitsplatz zu bezahlen.

wir ankern vor Solace

wir ankern vor Solace

Wieder am Ankerplatz steht dann einer Stadtbesichtigung nichts mehr im Wege. Heinz fungiert als Führer und so lernen wir alle Supermärkte – es gibt mindestens sechs – und sonstigen wichtigen Geschäfte kennen. Mein besonderer Favorit ist der lokale Obst- und Gemüsemarkt. Das Warenangebot ist toll und ich schwelge zwischen Paradeisern, Paprika, Taro, Ananas, Zuccini, ……

am Markt

am Markt

Auch wenn Neiafu nicht mit einer europäischen Stadt vergleichbar ist, so herrscht hier – im Vergleich zu den letzten Inseln, die wir besucht haben – geschäftiges Treiben. Wir treffen Kinder und Jugendliche in Schuluniformen, weiße Blusen bzw. Hemden und je nach Schule grüne, blaue, orange oder dunkelrote Kleider für die Mädchen und traditionelle Wickelröcke für die Burschen. Viele der Eiheimischen tragen über den alltäglichen Kleidern, Bastmatten die sie um ihre Körper wickeln und mit einem Band fixieren.

im Sonntags-Staat

im Sonntags-Staat

Die Matten reichen bei einigen Frauen von der Achselhöhle bis zu den Knöcheln. Diese für uns recht exotische Tracht sieht nicht besonders vorteilhaft aus und ist ganz sicher furchtbar heiß. Umso mehr freuen wir uns über unsere kurzen Hosen und T-Shirts.
Den ausgiebigen Stadtbummel krönt dann noch der Besuch in einem „richtigen“ Kaffeehaus, nach dem wir voller neuer Eindrücke und mit dick gefüllten Einkaufstaschen wieder aufs Boot kommen.

wir sind Willkommen

wir sind Willkommen

Damit fällt unser erster Eindruck von Tonga sehr positiv aus. Auch wenn die Menschen hier etwas reservierter scheinen als auf den Französisch-polynesischen Inseln, wird ein Lächeln oder ein Gruß von fast allen sehr freundlich erwidert. Es gibt einige Restaurants und jede Menge Supermärkte und die schon jetzt ganz beträchtliche Seglergemeinde scheint sich fast stündlich zu vergrößern.

das Bojenfeld füllt sich

das Bojenfeld füllt sich

Das schöne Wetter des nächsten Tages wollen wir nutzen und fahren gemeinsam mit Heinz auf unserer Cul8r zu einigen Höhlen, die nur vom Wasser aus erreichbar sind, um dort zu schnorcheln. Wegen der großen Wassertiefe ist ein ankern vor den Höhlen nicht möglich und so wechseln wir uns beim Schwimmen und Schnorcheln ab – einer muss immer am Schiff bleiben.

tolles Segelwetter

tolles Segelwetter

Besonders „ Mariner‘s Cove“ gefällt uns sehr gut. Der Eingang dieser Höhle liegt circa zwei Meter unter Wasser. Das ab- und in die Höhle tauchen bedeutet eine kleine Überwindung für mich. Dort angekommen, können wir dann ein kleines Naturphänomen beobachten. Da die Höhle keinen Ausgang über Wasser hat, wird die im Inneren befindliche Luft durch den sich hebenden Wasserspiegel zusammengedrückt. Das bewirkt einen spürbaren Druck in den Ohren und durch die hohe Luftfeuchtigkeit bildet sich für kurze Zeit Nebel der – wenn das Wasser wieder sinkt – sofort wieder verschwindet. Ein wenig gespenstisch wirkt es, wenn der Nebel – wie von Zauberhand – im Rhythmus des Schwells entsteht und sich kurz darauf wieder auflöst.

Höhlenschnorcheln

Höhlenschnorcheln

Beim hinaus tauchen hebt die Sonne den Ausgang deutlich von seiner Umgebung ab und das hellblaue Wasser mit den vielen sich tummelnden Fischen ergibt ein beindruckendes Bild. Als wir zum Boot zurückschwimmen, können wir dann noch dem Gesang der Wale lauschen, der im Wasser über weite Distanzen gut zu hören ist. Ganz andächtig lauschen wir und hoffen inständig diese wunderschönen großen Tiere auch noch aus der Nähe sehen zu können.

interessante Schreibweise

interessante Schreibweise

Vorerst geht die Fahrt aber wieder zurück zu unserem Ankerplatz wo unser großer weißer Fender als Markierung für unseren Anker sanft in den Wellen schaukelt. Und zum Ausklang dieses schönen Tages gibt es Fleischlaibchen mit Süßkartoffelpüree.

er fährt noch

er fährt noch

Die nächsten Tage ist das Wetter etwas schlechter und so „vergnügt“ sich Edi mit Heinz vor dessen Computer, der nicht immer ganz so möchte wie Heinz, und ich widme mich der Hausarbeit und den längst überfälligen Berichten unserer Webseite.

 Bergsteiger

Bergsteiger

Sobald die Sonne wieder scheint, packen wir – genug vom Stubenhocken – unsere Räder aus und erkunden die Insel. Nach dem Besuch auf dem 130m hohen Mt. Talau mit wunderschöner Aussicht, erweitern wir unsere Radtour um eine „Kletterpartie mit Rad“. Anders ist die noch nicht ganz fertiggestellte Brücke, die sich uns in den Weg stellt, nicht zu überwinden.

die Straße ist viel höher

die Straße ist viel höher

Das geplante Ziel – einen Aussichtspunkt – können wir mangels Straße leider nicht erreichen. Die im Plan eingezeichnete Hauptstraße entpuppt sich als steil bergauf gehender Fußweg, vor dem wir schließlich kapitulieren und nach drei Stunden Fahrt den Rückweg antreten. Wieder in Neiafu angekommen, reicht meine Kraft nur mehr bis zum Kaffeehaus, wo mich meine beiden Männer mit Kaffee und Kuchen wieder aufpäppeln. Dies bereuen wir allerdings später, da uns wegen der Pause ein ausgiebiger Regenguss erwischt und wir klitschnass wieder zu Hause ankommen.

kurze Pause

kurze Pause

Noch hat der Regengott nicht genug und es folgen wieder zwei „nasse Tage“. Erst als sich dann im Schiff alles feucht angreift und die schlechte Laune nur mehr schwer zu verbergen ist, vertreibt endlich die Sonne die dicken, grauen Wolken.

auf zur Sonntagsmesse

auf zur Sonntagsmesse

Passend zum Sonntag strahlt sie vom blank geputzten blauen Himmel, als wir uns in langen Hosen und Hemd gekleidet zum Sonntagsgottesdienst einfinden. Als Service für die anwesenden Touristen wird sogar ein Teil der Predigt in Englisch gesprochen. Die vielgerühmten und wirklich wunderschönen Choräle der Tonganer bedürfen jedoch keinerlei Übersetzung.

die Ministranten

die Ministranten

Pausenlos fächeln sich die festlich gekleideten Damen mit ihren – aus Palmen geflochtenen – großen Fächern Luft zu. Erfreulicherweise steht auch der Fächer meiner Nachbarin nicht still und so bekomme ich etwas von der kühlen Brise zu spüren.

jeder Dame ihr Fächer

jeder Dame ihr Fächer

Mehr als 90 % der Tonganischen Bevölkerung bekennen sich zum Christentum und der Glaube hat hier eine sehr große Bedeutung. „Der Sabbat ist für immer heilig“ das steht sogar in der Verfassung. Es ist untersagt, an diesem Tag zu arbeiten, Handel zu treiben, Verträge zu unterzeichnen oder sich sportlich zu betätigen.

besonders schick mit Krawatte

besonders schick mit Krawatte

Kein Flugzeug landet, kein Schiff legt an, die Kinos und die meisten Restaurants sind geschlossen, nicht einmal die Kinder dürfen an diesem Tag im Meer baden. Kein Wunder, denn an dieser Verfassung hat ein methodistischer Missionar mitgeschrieben.

So klingen nur die Kirchenglocken und die Gesänge ihrer meist traditionell gekleideten Besucher durch die leeren Straßen der Stadt.

die Familie von Heinz

die Familie von Heinz

Nach der Messe statten wir noch den Freunden von Heinz einen kurzen Besuch ab und bedanken uns mit ein paar Geschenken für`s Wäsche waschen ehe wir unseren Anker lichten und gemeinsam mit Heinz und seiner Solace Neiafu den Rücken zukehren.

Heinz fährt vor

Heinz fährt vor

Die nächste Woche verbringen wir teilweise gemeinsam auf verschiedenen Ankerplätzen. Wir erkunden die Unterwasserwelt und treffen uns mit Segelfreunden zum Drink. Dann zieht es Heinz wieder zu seinen Tonganischen Freunden in die Stadt.

Landausflug

Landausflug

Wir folgen der Einladung von Conner und Marion von TUCAN und feiern gemeinsam mit 16 anderen Seglern zwei „Geburtstagskinder“ mit einem irischen Abend. Eine bunte Mischung bestehend aus Neuseeländern, Iren, Engländern und Österreichern trifft sich auf der STEEL SAPHIR.

 es wird gefeiert

es wird gefeiert

Wie in Seglerkreisen üblich steuert jeder was bei und die von uns mitgebrachten frischen Buchteln finden großen Anklang. Laut und fröhlich geht es in dieser langen Nacht zu, auf unserem Ankerplatz vor Kapa Island.

Abendstimmung

Abendstimmung

Nach ein paar „faulen Tagen“ fahren wir dann wieder nach Neiafu. Einerseits wollen wir ein paar Einkäufe erledigen und andererseits steht der Abschied von Heinz am Programm.

Unsere Wege, die sich so überraschend gekreuzt haben, trennen sich wieder. Heinz fährt weiter in Richtung Norden und wir bleiben noch ein paar Wochen in Tonga, ehe wir nach Neuseeland aufbrechen.

Kommentar

 
  • veronika sagt:

    Hallo Claudia, diesen Artikel habe ich natürlich mit besonderer Neugier gelesen und endlich etwas mehr über Land und Leute erfahren, als von meinem wortkargen Einsiedler. 🙂
    Bis bald in Wien und Mast und Schotbruch für Eure Überfahrt.
    Veronika